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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 33

1892 - Gera : Hofmann
— 33 — 1806 an. Diese wurden von alten, unentschlossenen Generalen geführt, hatten uoch die alte, schwerfällige Ausrüstung und waren mit der neuen Kriegsweise nicht bekannt. Sie pochten auf den Ruhm Friedrichs des Großen und verachteten die Franzosen. Diese aber waren zweckmäßig ausgerüstet, von einem großen Feldherrn geführt und siegesgewiß. Gleich im Anfange der Schlacht verwundete ein Schuß in die Augen den Oberfeldherrn tödlich. Verwirrung kam in das Heer. Ohne Plan und ohne sich gegenseitig zu unterstützen, schlugen sich die einzelnen Haufen wohl tapfer, aber endlich lief alles, was laufen konnte. In 14 Tagen war Napoleon in Berlin. Der Befehlshaber der Stadt mahnte die Bürger, die steh mutig verteidigen wollten: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!" Die Festungen fielen wie Kartenhäuser, und die Soldalenhaufeu ergaben sich wie Schafherden. Napoleon spottete: „Da die Husaren Festungen einnehmen, kann ich meine Kanonen einfchmelzen lassen!" Die Königsfamilie floh in der Unbill des Winters bis nach Ostpreußen. Nur einzelne Führer retteten die preußische Waffeuehre, so der alte Blücher. Tapfer verteidigt wurden die Festungen Grandenz, Kol-berg und Pillan. Dem alten Courbiere in Grandenz an der Weichfel ließen die Franzosen sagen: „Es gäbe keinen König von Preußen mehr!" Da antwortete er: „Nim, so werde ich versuchen, wie lange ich König von Grandenz sein kann!" Der Befehlshaber von Pillan, der Hafenstadt Königsbergs, stellte einen Sarg in die Mitte seiner Offiziere und sagte: „Lebendig übergebe ich diese Festung nicht! Wer mich überlebt, lege meine Gebeine in diesen Sarg!" „Preußen oder der Tod!" schwuren alle. Bei der Verteidigung Kolbergs zeichneten sich besonders der brave Bürger Nettelbeck und der Major Gneisenan aus. Noch zwei blutige Schlachten wagten die Preußen mit den verbündeten Russen, aber ohne Erfolg. Im Frieden zu Tilsit, einer Stadt ant Niemen, verlor Preußen alles Land westlich von der Elbe, mußte 100 Millionen Mark Kriegskosten bezahlen und durfte nur 42000 Mauu Soldaten halten. Hochmütig fragte Napoleon die Königin Luife: „Wie konnten Sie wagen, mich anzugreifen?" Mutig antwortete ihm die edle Frau: „Dem Ruhme Friedrichs des Großen war es erlaubt, uns über uufere Kräfte zu täuschen, wenn wir uns anders getäuscht haben!" Das verlorene Land gab Napoleon seinem jüngsten Bruder als Königreich Westfalen mit der Hauptstadt Kassel. Der neue König machte sich keine Sorgen um die Regierung, sondern feierte täglich fröhliche Feste. Man nannte ihn darum fpottweife den „König Lustick!" 7. Preußen erhob sich vom tiefen Fall. Aus dem Unglück erwuchs das Heil. Aus den Trümmern entstand ein neuer Staat. Der König berief den Minister von Stein an die Spitze der Geschäfte. Dieser ausgezeichnete Mann schaffte die Kriegskosten herbei und säuberte das Land von den fremden Blutsaugern. Die königliche Familie legte sich die größten Entbehrungen auf. Der König verkaufte ein goldenes Pol a ck, Das erste Geschichtsbuch. 3

2. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 60

1899 - Gera : Hofmann
60 im Kriege. Die Hörigen standen im Schutze einzelner Patricier und waren zu gewissen Diensten verpflichtet. Rechtlos waren die Sklaven. Unter Ancus Marcius wurden die Bürger der unterworfenen latinischen Städte in das römische Bürgerrecht ausgenommen, aber ohne das Recht, ein Staatsamt zu bekleiden, und ohne Stimmrecht in den Volksver- sammlungen; sie hießen Plebejer (von Plebs, d. h. niederes Volk). In langen, zähen Kämpfen haben sie dann später den bevorzugten Pa- trieiern ein Recht nach dem andern abgerungen, bis sie Gleichstellung mit ihnen erkämpft hatten. 4. Wie Rom zur Republik ward. Servius Tullius teilte das ganze Volk nach dem Vermögen in fünf Klassen, um die Leistungen der Bürger für den Kriegsdienst und an Steuern festzustellen. Jeder Römer war wehrpflichtig. Reiche dienten zu Roß, Ärmere zu Fuß. Jeder rüstete sich nach seinem Vermögen. Ältere Bürger hatten als eine Art Landwehr die Stadt zu verteidigen. Servius Tullius ließ noch zwei Hügel bebauen und führte eine feste Mauer um die „Sieben- hügelstadt". Ihn ermordete mit Zustimmung seiner Tochter Tullia sein Schwiegersohn Tarquinius Superbus, d. h. der Stolze. Dieser führte eine gewaltthätige Militärherrschaft ein und unterdrückte die Frei- heiten des Volkes. Von seinen Verwandten entging bloß Brutus seiner blutigen Hand, weil er sich blödsinnig stellte. Während des Königs Heer eine Stadt belagerte, hatte sein jüngster Sohn die edle Lucretia, des Collatinus Gattin, in frevelhafter Weise beschimpft. Im Übermaße des Schmerzes und der Scham erstach sich diese. Neben der Leiche auf dem Markte, mit dem blutigen Dolche in der Hand, entstammte Brutus das Volk zur Vertreibung der Tyrannen. Das Königtum wurde für ewige Zeiten abgeschafft, und Brutus und 510 Collatinus wurden als erste Konsuln der Republik gewählt (510). (Die Geschichte Roms unter den sieben Königen und den ersten Kon- suln ist so von der Sage ausgeschmückt, daß es schwer, ja unmöglich ist, Wahrheit und Dichtung scharf auseinander zu halten. Erst in der Zeit des ersten punischen Krieges werden die Geschichtsquellen zuverlässiger.) Fragen: Was begünstigte das Gedeihen Roms? — Was ist bezeichnend in der Sagengeschichte Roms für den Charakter der Römer? — Welche Bedeutung haben die Frauen in dieser Sagengeschichte? — Wie sind die Pflichten der Vestalin auf jede Frau zu deuten? — Wie ist die Siebenhügelstadt gewachsen? — Was bedeutet der offene, was der geschlossene Janustempel? 18. Äußere und innere Kämpft -er jungen Republik. 1. Äußere Kämpfe gegen Tarquinius und seine Helfer. Jüngere Männer zettelten in Rom eine Verschwörung an, wodurch die Konsuln beseitigt und die Tarquinier zurückgeführt werden sollten. Sie wurde entdeckt und das Todesurteil über die Teilnehmer gesprochen. Sogar zwei Söhne des Brutus waren darunter. Collatinus wollte sie retten, aber Brutus sprach: „Als Vater möchte ich sie begnadigen, als Konsul darf ich nicht." In der Schlacht am arsischen Walde durchbohrten sich Brutus und ein Sohn des vertriebenen Tarquinius im Zweikampfe,

3. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. III

1899 - Gera : Hofmann
Normet |itr süchehnten Ausiage. Die ministeriellen Bestimmungen vom 31. Mai 1894 über das Mädchen- schulwesen haben eine teilweise Umarbeitung der Geschichtsbilder, mannigfache Ergänzungen und eine eigene Ausgabe für Mädchenschulen nötig gemacht. a. Nach diesen Bestinunungen gilt als allgemeines Lehrziel: „Kennt- nis der vaterländischen Geschichte. Bekanntschaft mit den wichtigsten Ereig- nissen der alten Geschichte und mit denen der Geschichte der großen modernen Kulturvölker, soweit diese für die vaterländische Geschichte von Bedeutung sind. Der Unterricht erstrebt Stärkung und Vertiefung der Liebe zu Vater- land, Heimat und Herrscherhaus, Verständnis für das Leben der Gegenwart und die Aufgaben unseres Volkes. Dieser Aufgabe hat die Schule auch mittelbar durch die Feier der vaterländischen Gedenktage zu genügen." b. Lehraufgaben: „Der Geschichtsunterricht beginnt mit dem 2. Schul- jahr der Mittelstufe. Er hat zunächst die Aufgabe, durch Lebensbilder der hervorragendsten Gestalten unserer vaterländischen Geschichte, ganz besonders der Herrscher und Herrscherinnen aus dem Hause Hohenzollern, und durch anschauliche Darstellung klar begrenzter bedeutungsvoller Begebenheiten und Zustände die Schülerinnen mit kräftigem persönlichen Interesse zu erfüllen und ihnen die nötigen Halt- und Mittelpunkte zu geben. Der Unterricht der Oberstufe hat Einzelnes auszuführen, den Zusammenhang herzustellen, die kulturgeschichtlichen Ergänzungen zu geben; er mündet in eine zusammen- hängende Darstellung der neusten deutschen Geschichte bis zur Gegenwart aus". Klasse V und Iv: Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte bis zur Gegenwart. — Deutsche Sagen. (Für diese Stufe hat der Verfasser „Das erste Geschichtsbuch, ein Lehr- und Lesebuch für den ersten Geschichtsunterricht im Anschluß an die Heimatkunde", verfaßt*). Klasse Iii: Die Hauptthatsachen der griechischen und der römischen Ge- schichte unter Betonung des kulturgeschichtlichen, möglichst durch Anschauung zu vermittelnden Stoffes, besonders der griechischen Kunst im Perikleischen, der römischen Kultur im Augusteischen Zeitalter. — Römer und Germanen. Klasse Ii: Deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden mit Hervor- hebung der kulturgeschichtlichen Momente und des deutschen Frauenlebens. Klasse I: Fortführung der deutschen Geschichte vom westfälischen Frieden bis zur Gegenwart mit wachsender Hervorhebung der brandenburgisch-preu- ßischen Geschichte. (Friedrich Wilhelm I., die Zeit Friedrichs des Großen, das Zeitalter der französischen Revolution, der napoleonischen Herrschaft und der Befreiungskriege, die Kämpfe von 1864,1866,1870,71; die Einigung Deutsch- lands, das neue Reich und seine Entwickelung.) Ausblicke auf die Geschichte Englands, Frankreichs, Italiens, Österreichs und der Vereinigten Staaten. o. Methodische Bemerkungen (im Auszuge): „Dem Geschichtsunter- richte fällt im Verein mit dem Unterrichte in der Religion und im Deutschen *) 5. Auflage, mit 57 Abbildungen. Gera, Theod. Hofmann. 1899. Preis75pf., geb.90pf.

4. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 2

1899 - Gera : Hofmann
2 Die eigentlichen Geschichtsquellen sind entweder mündliche Über- lieferungen (Lieder, Sagen) oder absichtliche Aufzeichnungen (Annalen oder Jahrbücher, Chroniken, Memoiren oder Denkwürdigkeiten, Streit- schriften, Zeitungen re.). Diese Quellen müssen mit Vorsicht benutzt werden, da in ihnen oft Gunst oder Haß die Feder geführt und die Wahrheit gefärbt haben. Die historische Kritik hat genau zu prüfen, ob eine Quelle echt oder gefälscht, vollständig oder durch Weglassungen und Zusätze entstellt ist, ob die Thatsachen richtig oder falsch ausgefaßt, parteiisch oder unparteiisch dargestellt sind. Sie sichtet Zufälliges von Wesentlichem, sucht die treibenden Ursachen der Ereignisse und die Be- weggründe der handelnden Personen, stellt den Zusammenhang her, er- gänzt das Fehlende durch Schlüsse, berichtigt das Irrtümliche durch Vergleichungen, erklärt das Dunkle aus räumlichen, zeitlichen und sach- lichen Bedingungen und läßt durch zusammenhängende Darstellung das Bild der Vergangenheit vor uns neu erstehen. Von Bedeutung für die Erforschung der ältesten Kulturgeschichte ist die (vergleichende) Sprach- forschung geworden. 3. Hilfswissenschaften der Geschichte. Da die Geschichte keinen Fortschritt übersehen darf, so müssen ihr alle Wissenschaften dienen. Ihre besonderen Hilfswissenschaften sind: die Geographie (Erd- kunde), die den Schauplatz der Geschichte und die Beziehungen zwischen Land und Leuten zeigt, die Chronologie, welche die Zeitrechnung und die Zeitfolge verstehen lehrt, die Ethnographie (Völkerkunde), welche die Eigentümlichkeiten der Völker schildert, die Statistik, welche die Zustände des öffentlichen Lebens beobachtet, in Zahlen ausdrückt und daraus allerlei Schlüsse auf die geistige Entwickelung macht, die Archäo- logie (Altertumskunde), welche die Denkmäler aus alter Zeit, die Heraldik, welche Wappen, die Numismatik, welche Münzen kennen und verstehen lehrt. Wie das menschliche Geschlecht selbst eine Einheit, so ist auch seine Geschichte eine untrennbare Kette. Der bessern Übersicht wegen hat man sie jedoch nach wichtigen oder epochemachenden Ereignissen in Perioden eingeteilt. Die Grenzscheide zwischen der alten und neuen Zeit bildet die Geburt Jesu und die Ausbreitung des Christentums unter den Kulturvölkern der alten Welt. Man teilt die Geschichte gewöhnlich in folgende Zeitabschnitte (Welt- oder Zeitalter) ein: 1. Geschichte des Altertums von den ältesten Zeiten bis zum Beginn der Völkerwanderung (im Jahre 375 n. Chr.) — oder auch bis zur Auflösung des weströmischen Reiches (im Jahre 476 n. Chr). 2. Geschichte des Mittelalters bis zur Reformation (Anfang des 16. Jahrhunderts). 3. Geschichte der Neuzeit bis zur Gegenwart.

5. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 298

1899 - Gera : Hofmann
298 In seinem Testamente sagte der große König: „Ich habe mich mit allen Kräften bestrebt, den Staat glücklich und blühend zu machen. Ich habe Gesetz und Gerechtigkeit herrschen lassen; ich habe Ordnung und Pünktlichkeit in die Finanzen gebracht; ich habe in die Armee jene Mannszucht eiugeführt, wodurch sie vor allen übrigen Truppen Europas den Vorrang erhalten hat. — Meine letzten Wünsche werden der Glück- seligkeit meines Reiches gelten. Möge es stets mit Gerechtigkeit, Weisheit und Nachdruck regiert werden! Möge es durch die Milde seiner Gesetze der glücklichste, möge es in Rücksicht auf die Finanzen der am besten verwaltete, möge es durch ein Heer, das nur nach Ehre und edlem Ruhme strebt, der am tapfersten verteidigte Staat sein! O möge es in höchster Blüte bis an das Ende der Zeiten fortdauern!" 12. Wie der Kulturzustand im Zeitalter Friedrichs des Großen war. Frankreich hatte seit dem 17. Jahrhundert Geist, Sitte, Sprache und Geschmack in Europa beherrscht. Da brachte der Preußenkönig Friedrich der Große durch seine Kriegsthaten, sein kräftiges Auftreten als Herrscher und seine bedeutende Persönlichkeit in das hiusiechende nationale Bewußtsein der Deutschen neues Leben und neue Triebe und erweckte ein frisches und freudiges Selbst- gefühl, das auch die Dichter und Sänger ergriff. Stand der König der deutschen Litteratur und ihrer aufstrebenden Bewegung selbst auch fremd gegenüber, so kam dennoch, wie Goethe sagt, „der erste wahre und höhere Lebensgehalt durch Friedrich den Großen und die Thaten des siebenjährigen Krieges in die deutsche Poesie/' In jener Zeit begann ein mächtiger Aufschwung des geistigen Lebens in Deutschland, welcher zur herrlichsten Blüte der deutschen Poesie führte. Durch Friedrichs Thaten empfingen Dichter wie K leist, Gleim in Halberstadt (Kriegslieder), Ramlerin Berlin (Oden), die einem preußischen Dichterkreise angehörten, unmittelbar Anregung und Stoffe für ihre Muse. Vorläufer der kommenden besseren Zeit waren Haller („Alpen"), Hagedorn (Episteln, Fabeln) und der von Friedrich für den vernünftigsten deutschen Gelehrten erklärte Gellert in Leipzig (Fabeln, geistliche Lieder). Die Blütezeit eröffnete Klopstock; ihm folgten Lessing und Herder; ihren Höhepunkt erreichte sie in Goethe und Schiller. /.Klopstock (1724—1803) ist der Sänger der Liebe zu Gott und dem Vaterlande in einer erhabenen Sprache („Messias", Oden, biblische Dramen). — Gotthold Ephraim Lesfing (1729—1781) ist der - scharfsinnige deutsche Kritiker, der Schöpfer der klassischen Prosa und der Reformator der deutschen Nationallitteratur. In die Kunst- „ ietfre brachte er neue Ansichten und klare Ziele Statutm Braunsthweig („Laokoon"), in das Drama Wahrheit, Leben, von Rietschel. kunstvollen Bau und den fünffüßigen Jambus

6. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 341

1899 - Gera : Hofmann
— 341 — drängte die ultramontane Hofpartei, an deren Spitze die Kaiserin Enge nie stand. Sie war eine spanische Gräfin, schön aber eitel. Ihre Putzsucht und die leichten Sitten am Hofe gaben dem Lande ein schlechtes Bei- spiel. Sie mischte sich oft und gern in Regierungsgeschäfte. Die welt- liche Herrschaft des Papstes wollte sie erweitern und ihrem Sohne „Lulu" die Regierung sichern. So ward denn der Krieg gegen Preußen be- schlossen. Die Gelegenheit fand sich bald. Die Besetzung des spanischen Thrones gab den besten Vorwand. Die Spanier hatten nämlich ihre sittenlose Königin Jsabella verjagt und nach mancherlei Wirrnissen dem Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, einem entfernten Verwandten unsres Königshauses, den Thron angeboten. Da brach ein Sturm des Unwillens in Frankreich los: „Auch in Spanien ein Hohenzoller? Nimmermehr!" Der französische Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten, Herzog von Gramont, ließ durch den französischen Botschafter Benedetti den König von Preußen in Ems ersuchen, dem Prinzen Leopold die Annahme der Krone zu verbieten. Der König wies diese Zumutung ab, da er dazu kein Recht habe; Leopold aber trat von selber zurück. Nicht zufrieden damit, verlangte der Herzog von Gramont vom Könige ein Entschuldigungsschreiben an seinen Kaiser und wies gleichzeitig Benedetti an, von dem Könige das Versprechen einzuholen, niemals einen Hohenzoller den spanischen Thron besteigen zu lassen. Der König lehnte diese unerhörte Forderung ab (13. Juli); Benedetti versuchte aber trotzdem, der Weisung aus Paris folgend, sich von neuem mit ähnlichen Zumutungen Gehör zu verschaffen, allerdings ohne Erfolg. Der König empfing ihn nicht mehr in dieser Angelegenheit, ließ ihm vielmehr sagen, er habe ihm nichts weiter mitzuteilen, und verwies ihn im übrigen an seine Regierung. Das nahm die französische Regierung als Grund zum Kriege, und die französische Kammer beschloß fast ein- stimmig den Krieg (15. Juli). Die Kriegserklärung erfolgte den 19. Juli. Kopflos stürzten sich Kaiser und Volk in einen verhängnisvollen Krieg, der Kaiser, um seinen wankenden Thron durch Blut zu befestigen, das Volk, um sein Gelüst nach Rache und Kriegsruhm zu befriedigen. Heer und Volk feierten in ihrem Übermute schon den siegreichen Einzug in Berlin, besonders da der französische Kriegsminister versichert hatte, daß die Rüstungen bis auf den letzten Knopf vollendet seien. — König Wilhelms Heimkehr von Ems nach Berlin gestaltete sich zu einem Triumphzuge, bei dem Liebe und Vertrauen, Mut und Vaterlandsliebe überall, in den neuen wie in den alten Provinzen, hell aufloderten. Auch Süddeutschland reichte begeistert dem Norden die Hand zum gemeinsamen Kampfe, und so hatte der Erbfeind All-Deutsch- land geeint. Was deutsch war in den fernsten Winkeln der Erde, das jubelte und sandte Grüße und Geld. Überall klang Max Schnecken- burgers „Wacht am Rhein", und das Volk arbeitete wie Anno 1813 für den Krieg und die Pflege der Verwundeten. Von früh bis spät war der König thätig. Seine rechte Hand war Graf Bismarck, der eherne Mann von Rat und That, sein „treuer Korporal" der Kriegsminister von Roon und sein großer Schlachtendenker der schweigsame Generalstabs- Hkkh

7. Deutsche Prosa - S. 15

1900 - Gera : Hofmann
H?om Oeist der Keschichte. 1797. Johann Gottfried Herder, Briefe zu Beförderung der Humanität. (Suphan, Band 18.) Wenn in einem Felde der Wissenschaft menschliche Gesinnungen herrschen sollten, so ist's im Felde der Geschichte: denn erzählt diese nicht menschliche Handlungen? und entscheiden diese nicht über den Wert des Menschen? bauen diese nicht unsers Geschlechts Glück und Unglück? Man sagt: „Die Geschichte erzähle Begebenheiten" und ist beinah geneigt, diese für so unwillkürlich, ja für so unerklürbar anzusehen, wie man in den dunkelsten Jahrhunderten die Naturbegebenheiten nicht ansah, sondern anstaunte. Ein erregter Krieg oder Aufruhr gilt der gemeinen Geschichte wie ein Ungewitter, wie ein Erdbeben; die ihn erregten, werden als Geißel der Gottheit, als mächtige Zauberer be- trachtet; und damit gnug! Eine Geschichte dieser Art kann die klügste oder die stupideste werden, nachdem der Sinn des Verfassers war. Die stupideste wird sie, wenn sie in einem sogenannt großen und göttlichen Mann alles bewundert, und keine seiner Unternehmungen an ein Richtmaß menschlicher Vernunft zu bringen sich erkühnet. Manche morgenlündische Geschichten von Nadir-Schah, Timur-Long u. s. f. sind so geschrieben; wir lesen eine lobjauchzende Epopöe, mit einer dürren oder abscheulichen Thatenreihe fröhlich dnrchwebet. Europa hat an diesem morgenlündischen Geschmack vielen Anteil genommen, nicht etwa nur in den Zeiten der Kreuzzüge, sondern auch in den meisten Lebensbeschreibungen einzelner Helden, in der Geschichte ganzer Sekten, Familien und Familienkriege. Man staunt, wenn man die Andacht und Anhänglichkeit des Schriftstellers an seinen ver- ehrten Gegenstand wahrnimmt, und kann nicht anders sagen, als: „er hat aus dem Becher der Betäubung getrunken; Wein der Dämonen hat ihm die Sinne benebelt."

8. Deutsche Prosa - S. 76

1900 - Gera : Hofmann
76 Erich Marcks. und religiöser Überzeugung gefunden hat, dessen sein Wesen bedurfte; blitzende Kämpfe im Dienste seines Königs und seines Standes — und dann die Erziehung des Staatsmannes zum Führer seiner Zeit. Er verarbeitet zögernd, widerwillig und dann schöpferisch in sich die Forderungen seiner Nation und fügt sie schließlich in sein Leben und sein Wollen ein. Ein Preuße von ganzer Seele, ergreift er im Sinne seines Staates, vom großen Ehrgeize Friedrichs Ii. getragen, die Auf- gaben der deutschen Welt. Und immer freier, Heller, weiter faßt er sie auf; immer höher steigt er selber empor: der widerstrebend sich mit den Kräften seiner Gegenwart durchdrungen hat, nun durchdringt er jene mit seinem persönlichen Selbst: er handelt, er ringt, ein Kämpfer, ein Vernichter, ein Neuerbaner, scharf, leidenschaftlich, in jenem höchsten Streben des Genius, sich selber machtvoll und rücksichtslos durchzusetzen, weil er das Leben und die Zukunft bringen kann. Für oder wider ihn, das wird der Schlachtruf, nach dem sich die Menschen sondern; und in dem gewaltigsten Jahrzehnt unserer neueren Geschichte wird jeder seiner Schritte ein Sieg und jeder seiner Siege eine That der nationalen Erfüllung. Er vollendet die alte Arbeit seines Preußens; er wird zum Deutschen; er wird der Gründer des Deutschen Reichs. Aber die Höhe, die er erreicht hat, der Jubel, der den ehemals Ge- haßten nmbraust, der Abschluß, den er scheinbar errungen — sie be- friedigen ihn nicht. Er geht, mit der Partei zusammen, mit der gemein- sam er gesiegt hat, an den Ausbau des neuen Werkes und führt, mit ihr verbündet, neuen schicksalsvollen Kampf. Allein die liberale Welt ist doch im Grunde die feine nicht; die wirtschaftlichen Gegensätze, die sozialen Nöte, die mit dem Siege des liberalen Prinzips zugleich und aus ihm heraus in die Welt gekommen sind, ergreifen ihn mehr und mehr. Und während ihn der kleinere Streit des Tages zu umstricken und zu lähmen scheint, zieht er sich, in jenen inhaltsschweren Monaten von 1877, in die Einsamkeit seines Landsitzes zurück und stellt die Fragen einer neuen Lebensaufgabe vor sich auf: was ringsum gährt und tobt, er verarbeitet es in machtvoller, seelischer Sammlung. Wiederum wird er der Inbegriff des Lebendigen, des Notwendigen, das sich am neuen Tage durchringen will, und als er in die Welt zurückkehrt, bringt er ein neues System staatlicher und nationaler Zusammenfassung mit; er macht die drängenden Wünsche und Klagen, die Ansprüche, die Gedanken zur staatsmännischen That. Und auch sie hat er noch vollbracht: die Wirtschaft seines Landes nach außen hin abgeschlossen und innen hundertfach bereichert; seinem Reiche durch die neuen Zölle erst die finanzielle Selbständigkeit des Daseins gesichert; seinem Staate, seiner Monarchie, seinem Kaisertum eine ganze Welt neuer Pflichten, tieferer Bestrebungen, innerlicherer, sittlicher und

9. Deutsche Prosa - S. 77

1900 - Gera : Hofmann
Gedenkworte. 77 politischer Macht erobert. Von neuem trat ihm der Widerstand der von dieser Flut schöpferischer Pläne Überraschten oder Bedrohten in den Weg; zum zweitenmal wurde er der Führer einer umwälzenden allgemeinen Bewegung; und zum zweitenmal hat er, im wichtigsten, gesiegt. Da wurde die Krone seines Kaisers zum echten Wahrzeichen des aufwärts- und vorwärtsdringenden deutschen Lebens; Wohlstand und Arbeit schlossen sich um ihn zusammen. Die großen Probleme sozialen Kampfes und der sozialen Heilung hat er zuerst, nach seiner Art, aber mit gewaltiger und bahnbrechender Wucht, mitten in die staatliche Wirklichkeit hineingerückt. Und dies sein Deutschland, das er so von neuem einte und beflügelte, blieb, so lange er es regierte, unter den Mächten des Kontinents die erste; er umgab es mit sichernden Wällen eigener Kraft und fremden Beistandes; er wies ihm noch selber, da die Stunde neuer Entwicklungen nahte, die Bahnen aus europäisch- engem Kreise hinaus in die Weiten des Erdballs, die Bahnen über die Meere hinweg, zur Handels- und Seegewalt inmitten der Welt. Un- auslöschlich hat er einer neuen Epoche die Spuren seines Wirkens ein- geprägt; alles deutsche Dasein hat er damals, ob nun in zähem Wider- streite oder im Jubel hingegebener Begeisterung bis in die Tiefen hinein mit seinem Wesen durchtränkt. Als er ein Siebziger wurde, da stand er erst ganz auf dem Gipfel seiner Kraft und seiner Erfolge, der Gründer und der Nenbildner dieses Reiches, ja dieses Volkes; und wenn man es je von einem Menschen sagen konnte: Fürst Bismarck war damals die deutsche Nation. Wo ist der Sterbliche, von dem man Größeres verkünden dürfte? Von wie wenigen nur hat je das Gleiche oder das Annähernde ge- golten; und von wem darf es gelten unter den Genien unseres Volkes? Hoch ragt die Macht seiner Thaten und seines Einflusses über den wesensverwandten Freiherrn von Stein hinweg; nur drei sind es, die wir neben ihm nennen dürfen, die gewaltigsten Träger der Lebensalter unserer neuen Geschichte: Goethe, Friedrich Ii. und Martin Luther. Auch jene drei sind heute noch mit uns und in uns lebendig, jeglichen Tag; ihre Einwirkung ist unermeßlich; hat einer von ihnen so sehr das Ganze seiner Welt ergriffen wie Bismarck? Hat sich, als sie starben, so jeder Kreis des deutschen Lebens, in gutem oder in bösem Willen, mit ihnen auseinandersetzen gemußt wie heute mit ihm? War so die Trauer der Hunderttausende und der Millionen um sie vereint? Am ehesten um den mächtigsten von ihnen, um den. dessen Schicksal es war, daß er unser Volk, indem er es emporriß und auf weite Jahrhunderte hinaus belebte, zugleich mit dem Fluch der inneren Zerspaltung treffen mußte. Als Martin Luther starb, da ging wohl wirklich der Schauer durch alle Gaue und alle Lande hin wie heute,

10. Deutsche Prosa - S. 44

1900 - Gera : Hofmann
44 Adolf Trendelenburg. So stieg Friedrichs Staat empor, durch einen Gedanken ge- tragen; so blühte er in den neu erregten Kräften auf, so stand er da, auf das starke Schwert gestützt, — und Friedrichs Staat war Preußen. Ja, Preußen, aber ein un deutsch es Preußen, sagt man, ein Preußen, das die Waffen gegen Deutsche kehrte, dem deutschen Reich den Todesstoß gab und den deutschen Geist mit französischem Wesen verfälschte. In der Geschichte ist noch die Bahn keines großen Mannes rein geblieben, wie die Idee, und auch Friedrichs Bahn hat ihre Flecken. Aber es war vor allem nicht Friedrichs Schuld, daß in Deutschland der innere Grund des dreißigjährigen Kampfes auch während der nächsten hundert Jahre nicht gehoben und geheilt war. Daß Friedrich mit jugendlichem Mut für seine Ansprüche, für eine Lebensbedingung seines werdenden Staates gegen Österreich zog, das wurde zur Gewalt, die sein ganzes Leben bestimmte, und er hat sie bezwungen. Daß er die Waffen gegen Deutsche kehrte, das hat er Deutschland, wenn möglich,, wieder gut gemacht, als er den Kampf mit halb Europa bestand, und die deutschen Waffen gegen Rußland und Frankreich zu nie gekannten Ehren brachte. Schon der große Kurfürst war der tapfere Hort Deutsch- lands gegen Frankreich gewesen. Friedrich schien im ersten schlesischen Kriege, da er ein Bündnis mit Frankreich schloß, des hochherzigen Beispiels zu vergessen und französische Einmischung in Deutschland zu begünstigen. Er schien zu vergessen, daß er als Kronprinz in seinen Betrachtungen über den gegenwärtigen Zustand des europäischen Staaten- körpers das Verfahren Frankreichs gegen Deutschland mit den Listen Philipps von Macedonien gegen Griechenland und mit den Anmaßungen der Römer in fremden Angelegenheiten verglichen hatte?) Aber Friedrich zeigte in der Politik, daß er sich nicht entäußerte, sondern sich selbst besaß. Im rechten Zeitpunkt kehrte er um. Er durchschaute die fran- zösischen Pläne, die, wie er in der Geschichte seiner Zeit sagt, weder mit der deutschen Freiheit noch mit der Erhebung der preußischen Macht verträglich waren. Wer die umsichtige Darlegung in der angeführten Stelle des vierten Kapitels liest, wird eingestehen, daß Friedrich auch da nicht des deutschen Wesens vergaß, wo es sich selbst zu bedenken zu schwach war. Friedrich befreite Deutschland von der französischen Ab- hängigkeit — und das war eine deutsche That. Allein auf dem Grund von Friedrichs Kraft ist in späterer Zeit die Westgrenze Deutschlands stark und fest geworden, welche dem Feinde, so lange dort fast nur geist- liche Staaten lagen, so lange der Rhein, um den alten Ausdruck zu ge- i) Considérations sur l’etat présent du corps politique de l’Europe.
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